Ist der noch dicht?
Zerstörungsfreie Prüfung von Kosmetikbehältern mittels Computertomographie
Sebastian Fürst, Shimadzu Europa GmbH
Verbrauchersicherheit und Produktqualität sind von enormer Bedeutung für produzierende Unternehmen. Beide können eng miteinander verknüpft sein, wie dies etwa bei Behältern von kosmetischen Produkten der Fall ist: Qualität und Sicherheit der Kosmetika sind nur dann gewährleistet, wenn die Behältnisse völlig dicht sind. Ein Test sollte zeigen, ob der industrielle Computertomograph XSeeker 8000 es erlaubt, einen hilfreichen Blick „hinter die Kulissen“ zu werfen. Können durch die CT-Analyse valide Aussagen über die Qualität der Behälter – und sogar die des Inhalts – getroffen werden?
Wer kennt es nicht?
Es ist wahrscheinlich jedem schon einmal passiert, der kosmetische Produkte verwendet hat: Nach dem Öffnen der Umverpackung ist bereits zu erkennen, dass der eigentliche Behälter nicht ganz dicht ist und der teure Inhalt, wenn auch nur minimal, sich den Weg in die Freiheit gebahnt hat oder dass andere Schädigungen während des Transports aufgetreten sind. Das ist sehr ärgerlich, nicht nur für einen selbst, sondern in Zeiten von Social Media womöglich auch für das Image des Produzenten. Und bedeutet die Undichtigkeit nicht auch, dass etwas in das hochwertige Produkt eindringen und die Qualität verschlechtern kann oder dass im schlimmsten Falle sogar ein gesundheitsschädliches Produkt in unseren Händen liegt?
„Wie können Hersteller gewährleisten, dass wir immer ein sicheres Produkt erhalten?“, fragte sich daher Produktspezialistin Kayo Migita von der Shimadzu Corporation. Ihre Antwort: „Sie müssen die Schwachstellen der Behälter erkennen, ohne diese zu zerstören – dann können sie erstens die konkreten Exemplare aus dem Verkehr ziehen, falls nötig, und zweitens in der Zukunft bessere Produkte herstellen.“ Ist Computertomographie die Lösung? Um diese Frage zu beantworten, schaute Migita sich einige Behälter mithilfe des XSeeker 8000 genauer an.
Computertomographie – nicht nur beim Arzt
Viele kennen die Computertomographie (CT) wahrscheinlich im medizinischen Kontext. Die erste CT-Aufnahme an einem Menschen wurde im Jahr 1971 durchgeführt. Ein Jahr später wurde der erste kommerzielle Computertomograph im Londoner Atkinson-Morley-Krankenhaus installiert. CT ist in Deutschland das am häufigsten angewandte bildgebende Verfahren in der Medizin (fast 6,9 Millionen Einsätze im Jahr 2022).[1] „Die industrielle Anwendung ist bisher relativ unbekannt, obwohl die Vorteile der Technik für die Industrie auf der Hand liegen“, findet Migita. „Ohne Einfluss auf das Testobjekt zu nehmen, kann man einen Blick ins Innere erhaschen.“ Wie funktioniert dies genau?
Vereinfacht ausgedrückt besteht ein Computertomograph aus den folgenden Komponenten:
- Röntgenquelle
- Detektor
- Rotationsmechanik
- Analysecomputer
Die Röntgenquelle emittiert Röntgenstrahlung, die das Testobjekt durchdringt und in abgeschwächter Form auf den Detektor trifft. Die Strahlung wird dabei in Abhängigkeit von Material und Schichtdicke unterschiedlich abgeschwächt. Das Ergebnis ist ein zweidimensionales Röntgenbild, wie man es beispielsweise für die Untersuchung von Knochenbrüchen heranzieht. Um nun ein dreidimensionales Abbild des Testobjektes zu erhalten, benötigt man eine Vielzahl dieser Bilder aus unterschiedlicher Blickrichtung. Es braucht also eine Rotation zwischen Röntgenquelle/Detektor und Testobjekt.
Während sich bei medizinischen Computertomographen die Kombination aus Röntgenquelle und Detektor um den Patienten dreht, um die unterschiedlichen Querschnittsbilder zu erzeugen, ist bei einem industriellen CT die Quelle-Detektor-Kombination fixiert und das Testobjekt wird rotiert. Durch die Kombination der Querschnittsbilder aus den unterschiedlichen Rotationen wird im Analysecomputer ein vollständiges dreidimensionales Modell erstellt, welches man Schicht für Schicht untersuchen kann.
Der erste Einblick
Kayo Migita nahm sich also drei unterschiedliche Kosmetika vor, um sie mit dem XSeeker 8000 zu untersuchen. Der XSeeker 8000 ist ein industrieller CT, der sich durch eine hohe Röntgenstrahlung bei kleiner Baugröße auszeichnet. Eine 160-kV-Output-Rate bei einem System, welches auf einem Tisch platziert wird, ist eine Besonderheit! Migita war gespannt, welche Einblicke sie erlangen würde.
„Cushion Foundation“ (Make-up mit Kissen)
Die Box für die Cushion Foundation ist sicherlich eines der komplexeren Behältnisse im Reich der Kosmetika. Sie besteht aus einem äußeren Deckel, einer inneren Abdeckung und dem Boden für die Aufnahme des Schwamms. Die einzelnen Komponenten sind dabei entsprechend ihrer Aufgabe entweder verklebt, verschraubt oder verklemmt und bieten somit Möglichkeiten für Undichtigkeit. Die Produktspezialistin aus Japan berichtet: „Im geöffneten Xseeker 8000 wird jede Probe so beleuchtet, dass ihr Schatten ihre Position zum Detektor anzeigt. Dies erlaubte es mir, meine Probe schnell perfekt zu positionieren.“ Nach der Platzierung konnte ich scannen und ein klares Abbild des Behälters erzielen. Die einzelnen Bestandteile wurden detailgetreu wiedergegeben. Mithilfe der Messfunktion stellte ich zwischen den inneren Passungen eine Spaltdicke von 0,58 mm fest. Mindestens genauso interessant war, dass mir das Abbild auch die Informationen über die Feuchtigkeitsverteilung innerhalb des Make-ups gab.“ In der Mitte des Make-ups war wesentlich weniger Flüssigkeit vorhanden als im Außenbereich. Ob dies wohl vom Hersteller gewollt war?
Flüssiger Lippenstift
Als Zweites testete die CT-Expertin den flüssigen Lippenstift. Ein Riss, Bruch oder Leck war im CT-Bild nicht festzustellen, aber ein kleiner Trick zeigte, dass das Gerät Leckagen im Fall der Fälle nachweisen kann: „Ich hatte absichtlich etwas flüssigen Lippenstift auf das Gewinde gegeben. Nun hoffte ich, dass das Gerät die Flüssigkeit aufgrund ihrer im Vergleich zum Behälter höheren Dichte in einer anderen Farbe darstellen würde – und tatsächlich erschien die von mir aufgebrachte Flüssigkeit als kleine weiße Fläche in dunkler Umgebung.“ Und auch bei der Analyse der Flüssigkeit konnte Migita wieder interessante zusätzliche Qualitätsmerkmale feststellen: Das Bild zeigte zum Beispiel eine homogene Verteilung von Partikeln. „Dies lässt sicherlich einen gleichmäßigen Auftrag der Kosmetik zu“, dachte sich Migita mit einem Lächeln.
Pulverförmiger Lidschatten
Als letzte Probe analysierte sie den pulverförmigen Lidschatten. Die Dichtungen der Verpackungen machten einen guten Eindruck und die scharfen Bilder zeigten die unterschiedlichen Konsistenzen und Texturen der Produkte in der Verpackung auf. Kayo Migitas Kommentar: „Ich konnte klar unterschiedliche Partikelgrößen und auch die Unterschiede in der Dichte anhand der Graustufen erkennen und darüber hinaus auch feine Risse im Lidschatten unterhalb der Oberfläche, die bei optischer Inspektion verborgen geblieben wären.“
Fazit: Ein Beitrag zur Qualitätssteigerung
Kayo Migita ist wirklich beeindruckt, welche Möglichkeiten die CT-Messung der Kosmetika und ihrer Behälter mit sich bringt, und sie ist gespannt, was die Hersteller zu den Ergebnissen sagen, wenn sie sie ihnen zukommen lässt. Nicht nur die vorhandene oder fehlende Dichtigkeit und Unversehrtheit der Produkte konnte nachgewiesen werden, auch Aussagen über die Qualität der Kosmetika, zum Beispiel über die Homogenität der Partikelverteilung, konnten getroffen werden. Migitas Fazit zu diesem alltagsnahen Test: „Ich bin mir sicher, dass mit dem XSeeker 8000 die Qualität der Produkte, die uns Nutzer am Ende erreicht, verbessert werden kann, sodass wir dank ihnen am frühen Morgen noch fitter und frischer in den Tag starten können.“