Ein Beitrag zum Klimaschutz

Analytische Prozesskontrolle bei der Bioethanol-Herstellung

Martin Meyer, Shimadzu Europa

Martin MeyerShimadzu Europa

Im Kampf gegen den Klimawandel hat der Treibstoff Bioethanol in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Da das Ausgangsmaterial aber in den meisten Fällen auch als Futter- oder Nahrungsmittel verwendet werden könnte, tragen die Bioethanol-Produzenten eine große Verantwortung, die Rohstoffe so effizient wie möglich zu nutzen. Dafür ist eine genaue Steuerung des überwiegend biologischen Prozesses entscheidend. Dieser Artikel gibt einen Einblick in den Herstellungsprozess vom Rohstoff bis zum fertigen Ethanol. Kann die Technologie von Shimadzu dazu beitragen den Vorgang zu optimieren?

Morgens halb neun in Deutschland – Hochbetrieb an den Tankstellen landauf, landab. Stehen Autofahrer vor der Zapfsäule, haben sie die Wahl: E5 oder E10? Was viele nicht wissen: Das E steht für „Ethanol“ oder vereinfacht gesagt „Alkohol“, und die Zahl gibt den Ethanolanteil im Produkt an – 5 bzw. 10 %. Der Verkauf von E10-Benzin wurde 2011 in Deutschland als Klimaschutzmaßnahme eingeführt, denn die höhere Beimischung des aus erneuerbaren Quellen gewonnenen Bioethanols soll die CO2-Bilanz des Straßenverkehrs verbessern.

Kraftstoffe aus erneuerbaren Quellen geben zwar auch CO2 an die Umwelt ab, aber die Pflanzen, aus denen sie gewonnen werden, haben vorher viel CO2 aus der Umwelt gebunden. Dadurch tragen sie weniger zur CO2-Belastung bei als fossile Kraftstoffe. Die Herstellung von Bioethanol ist allerdings nicht trivial. Bei Bioethanol dienen Pflanzen mit einem hohen Stärke- oder Zuckergehalt als Ausgangsprodukte.[1] Je nach Klima und Region gibt es hier große Unterschiede. In europäischen Ländern wie Deutschland und Frankreich werden beispielsweise Weizen und Zuckerrüben verwendet, in den USA Mais und in südamerikanischen Ländern bevorzugt Zuckerrohr.

Bei der Ethanolgewinnung ist es wichtig, zwischen zucker- und stärkehaltigen Rohstoffen zu unterscheiden. Obwohl auch Stärke nur aus miteinander verknüpften Glucosemolekülen besteht, sind zusätzliche Arbeitsschritte notwendig, um die Stärke aufzuspalten und in kleinere Zuckermoleküle zu überführen. Dazu wird das Enzym Alpha-Amylase eingesetzt, um die Stärke in kleinere Kettenstücke (Polysaccharide) zu zerlegen, und das Enzym Glucoamylase, um aus diesen Polysacchariden die Glucose freizusetzen. Zuckerhaltige Rohstoffe wie Zuckerrohr und Zuckerrüben können mithilfe von Hefepilzen direkt zu Ethanol verstoffwechselt werden.

Abbildung 1: Stoffe, die zur Ethanolerzeugung fermentiert wurden: Weizen, Zuckerrohr, Mais und Weintrauben

Die Fermentation überwachen

Der biologische Prozess, bei dem Hefepilze Zucker zu Ethanol konvertieren, wird als Fermentation bezeichnet. Dabei wird ein Molekül Glucose chemisch in zwei Moleküle Ethanol und zwei Moleküle CO2 umgewandelt.

Trotz der scheinbaren Einfachheit der Formel hängt der Erfolg des Prozesses von einer Vielzahl kritischer Faktoren ab, wie der Zusammensetzung des Rohmaterials, der Temperatur, der Zeit und dem pH-Wert. Daher ist es wichtig, den Prozess regelmäßig zu überwachen, um die Umwandlung in Ethanol so effizient wie möglich zu gestalten. Die Fähigkeit, die verschiedenen Zuckerarten zu identifizieren, ihre Konzentrationen zu bestimmen und den Ethanolgehalt zu kontrollieren, spielt dabei eine entscheidende Rolle. Während des Prozesses können auch verschiedene organische Säuren entstehen, die zwar in geringen Mengen vorhanden sind, aber einen erheblichen Einfluss auf den pH-Wert haben. Ein erhöhter Gehalt an organischen Säuren und ein daraus resultierender niedriger pH-Wert können die Fermentation zum Erliegen bringen. Es ist wichtig, diese Aspekte im Auge zu behalten, um mögliche Störungen frühzeitig zu erkennen und einen reibungslosen Ablauf des Fermentationsprozesses zu gewährleisten. Nur so kann aus dem Ausgangsstoff die größtmögliche Menge Ethanol gewonnen werden.

Die Bestimmung der Zuckerarten stellt eine besondere Herausforderung dar, da viele dieser Stoffe chemisch sehr ähnlich sind. So haben beispielsweise Fructose und Glucose die gleiche chemische Formel, unterscheiden sich jedoch in ihren Strukturen.

Erschwert wird die Analyse zusätzlich dadurch, dass die meisten Zucker mit einem UV-Vis-Detektor nicht unterschieden werden können. Zudem werden organische Säuren in der Regel mit anderen chromatographischen Methoden bestimmt als Zucker. Daher ist es äußerst schwierig, alle Komponenten in einer einzigen Methode zu kombinieren und zu analysieren.

Shimadzu bietet mit der Shim-pack SCR-102H Säule eine Lösung an, die sowohl Ionenausschluss- als auch Größenausschlusschromatographie ermöglicht. Die Säule kann gleichzeitig Zucker und organische Säuren trennen, sodass diese identifiziert und ihre Mengen bestimmt werden können. Die Eignung der Säule wurde durch die Erstellung und Messung von realen Fermentationsproben überprüft.

Durchführung des Tests

Die stärkehaltigen Rohstoffe Weizen und Mais sowie die zuckerhaltigen Rohstoffe Zuckerrohr und Weintrauben wurden fermentiert. Für die stärkehaltigen Rohstoffe wurde wie folgt vorgegangen: Zunächst wurden die trockenen Mais- und Weizenkörner in einer Probenmühle zu einem feinen Pulver zerkleinert. Anschließend wurden 40 g des jeweiligen Pulvers in 200 g Wasser gelöst. Diese Mischung wurde in einen Kolben gegeben und unter ständigem Rühren mit ca. 0,2 g Alpha-Amylase versetzt. Um optimale Bedingungen für das Enzym zu gewährleisten, wurde die Mischung auf 70 °C erhitzt und mindestens 3 Stunden auf dieser Temperatur belassen. Anschließend wurde die Temperatur auf 55 °C gesenkt, 0,2 g Glucoamylase zugegeben und ebenfalls mindestens 3 Stunden lang gehalten.

Nach diesem Schritt wurden alle Proben auf die gleiche Weise behandelt. Sowohl die zerkleinerten Zuckerrohr- und Traubenextrakte als auch die zuvor behandelten Weizen- und Maisaufschlüsse wurden mit 0,5 g Hefe versetzt und bei Raumtemperatur der Fermentation überlassen.

Während des gesamten Vorgangs wurden in regelmäßigen Abständen Proben aus den Aufschlüssen entnommen. Diese Proben wurden zunächst zentrifugiert, um die festen Bestandteile abzutrennen. Anschließend wurde ein Teil des Überstandes durch einen Spritzenvorfilter (0,45 µm) filtriert. Wenn die Proben nicht sofort gemessen werden konnten, wurden sie bei –20 °C gelagert, um den Fermentationsprozess zu unterbrechen.

Die so vorbereiteten Proben wurden unter den in Tabelle 1 aufgeführten Analysebedingungen direkt zur Messung verwendet.

Die Retentionszeiten der Peaks wurden durch Messung einzelner Standards zugeordnet, und durch Messung verschiedener Konzentrationen wurden Kalibriergeraden erstellt.

Abbildung 2: Standards (oben) und reale Fermentationsprobe (unten) auf der Shim-pack SCR-102H mit RID-Detektor
Analyseparameter

System

LC-2040

Säule

Shim-pack SCR-102H

Mobile phase

Wasser +
5 mM Schwefelsäure

Säulenofen

50 °C

Laufzeit

25 min

Flussrate

0,65 mL/min

Injektionsvolumen

10 μL

Detektoren

RID

RID-20A

Zelltemperatur

50 °C

PDA

LC-2040 PDA

Zelltemperatur

50 °C

Tabelle 1: Analyseparameter

Die so gewonnenen Daten können genutzt werden, um den gesamten Ablauf der Fermentation darzustellen, wie es in Abbildung 3 für den Ausgangsstoff Mais gezeigt wird. Es ist zu erkennen, dass die Zucker (Maltotriose und Maltose) erst nach Zugabe von Alpha-Amylase identifiziert werden können. Dann setzt ein starker Anstieg von Glucose mit der Zugabe von Glucoamylase ein. Nur nachdem die Hefe einige Zeit aktiv war, entsteht Ethanol. Weiterhin ist gut ersichtlich, dass der Abfall der Glucose mit einem gleichzeitigen Anstieg des Ethanolgehalts verbunden ist.

Während die zunächst gebildeten Zucker vollständig abgebaut werden, wird nach einiger Zeit Ethanol zum Hauptprodukt. Mit dem Ethanol steigt auch der Gehalt an Glycerin und Essigsäure.

Glycerin ist ein Nebenprodukt der alkoholischen Gärung und wird von der Hefe produziert. Glycerin trägt unter anderem zur Viskosität und Konsistenz von Fermentationsprodukten wie Wein bei.[2] Essigsäure wird durch die universell vorkommenden Acetobacter gebildet, die Ethanol zu Essigsäure oxidieren.[3]

Im Gegensatz dazu benötigen zuckerhaltige Stoffe keine Zugabe von Amylase oder Glucoamylase, da der enthaltene Zucker direkt von der Hefe umgesetzt werden kann. Abbildung 4 zeigt die Vergärung von Weintrauben. Die Trauben enthalten zu etwa gleichen Teilen Glucose und Fructose. Die Hefen bevorzugen jedoch die Glucose, weshalb diese schneller abgebaut wird.

Abbildung 3: Fermentationsverlauf einer Maisprobe
Abbildung 4: Fermentationsverlauf von Weintrauben