Rein in die grüne Energie

Die Rolle der Wasserqualität in Power-to-Gas-Anwendungen

Markus Janssen, Shimadzu Europa GmbH

Eine nachhaltige Energie- und Rohstoffversorgung könnte durch grünen Wasserstoff Wirklichkeit werden. Doch wie entsteht eigentlich aus erneuerbarer Energie dieses Gas? Und welche Rolle spielt dabei die Wasserqualität? Die Antworten liefert der folgende Beitrag. Er geht dabei auf Schlüsseltechnologien und innovative Geräte ein, die nicht nur die Wasserqualität sichern, sondern auch maßgeblich zur Effizienz und Lebensdauer von Elektrolyseanlagen beitragen, welche für die Wasserstoffproduktion unerlässlich sind.

„Ich bin davon überzeugt, meine Freunde, dass das Wasser dereinst als Brennstoff Verwendung findet, dass Wasserstoff und Sauerstoff, seine Bestandteile, zur unerschöpflichen und bezüglich ihrer Intensität ganz ungeahnten Quelle der Wärme und des Lichts werden. […] Das Wasser ist die Kohle der Zukunft.“ So schrieb Jules Verne in seinem berühmten Roman „Die geheimnisvolle Insel“. Worte, die 1874 den Grundstein der Science-Fiction-Literatur legten und heute Realität werden. Und es klingt fast zu gut, um wahr zu sein: Wasserstoff ist weder giftig noch radioaktiv, verbrennt schadstofffrei und ist zudem das häufigste Element im Universum. Prinzipiell ist sein Einsatz in vielen Bereichen, wie Industrie, Verkehr und zum Heizen, technisch möglich. Aus Sicht der Energieeffizienz ist dies jedoch nicht immer sinnvoll, da die direkte Nutzung von erneuerbarem Strom in vielen Fällen größere Einsparungen an Treibhausgasemissionen ermöglicht.[1] Doch in Fällen, in denen eine Elektrifizierung technisch nicht möglich oder unwirtschaftlich ist, stellt die Nutzung von Wasserstoff eine nachhaltige Alternative dar. So bereiten sich vielerorts Entscheidungsträger auf den großflächigen Umbau zur sogenannten „Wasserstoffwirtschaft“ vor, mit dem Ziel, fossile Energieträger wie Kohle, Öl und Erdgas durch Elektrifizierung und Wasserstoff weitestgehend zu ersetzen.

Von Energie zu Gas

Ganz so einfach ist es jedoch nicht, denn molekularer Wasserstoff (H2) kommt auf der Erde praktisch nicht in reiner Form als Gas vor, sondern überwiegend in gebundener Form und als Bestandteil von Wasser. Er kann daher nicht einfach wie z. B. Erdgas als Primärenergieträger gewonnen werden, sondern muss unter Einsatz anderer Energien erzeugt werden. Die dafür genutzte Energiequelle bestimmt dann erst, wie nachhaltig die Wasserstoffwirtschaft selbst wird. Derzeit wird H2 überwiegend durch Dampfreformierung aus dem in Erdgas und Biogas enthaltenen Methan hergestellt; man spricht dann von grauem Wasserstoff. Dabei werden jedoch pro Tonne erzeugtem Wasserstoff auch durchschnittlich 10 Tonnen CO2 in die Atmosphäre abgegeben.[2] Wird er dagegen ausschließlich mit erneuerbaren Energien im sogenannten „Power-to-Gas-Verfahren“ (P2G) hergestellt, spricht man von grünem Wasserstoff. Doch wie wird Energie in Gas umgewandelt?

Der erste Schritt des Power-to-Gas-Prozesses ist die Erzeugung von elektrischem Strom auf der Basis erneuerbarer Energien als Primärenergieträger. Diese elektrische Energie wird dann mittels Elektrolyse in chemische Energie umgewandelt. Im Falle von Wasserstoff ist die Technologie seit Langem erprobt und wird häufig sogar als praktisches Experiment im Schulunterricht vorgeführt. Zwei Elektroden werden in ein Wasserbad getaucht und an eine Gleichstromquelle angeschlossen. Bei ausreichender Spannung zerlegt der elektrische Strom das Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff. Dieser Prozess wird durch die Zugabe von Elektrolyten, wie Säuren, Laugen oder neutralen Salzen, beschleunigt, da sie die Leitfähigkeit des Wassers und damit den Stromfluss erhöhen. An der negativ geladenen Elektrode, der Kathode, wird Wasser zu Wasserstoffgas reduziert, während es an der positiv geladenen Anode zu Sauerstoffgas oxidiert wird. Beide Gase steigen als Bläschen an den Elektroden auf.


Markus Janssen
Shimadzu Europa GmbH

Stapelweise Schlüsseltechnologien

Der Schulversuch, der häufig mit Lauge als Elektrolyt durchgeführt wird, ähnelt stark dem Prinzip der alkalischen Elektrolyse (AEL), die bereits seit Jahrzehnten zur H2-Erzeugung im industriellen Maßstab eingesetzt wird. Dieses Verfahren hat jedoch Nachteile, die es für die Herstellung von grünem Wasserstoff weniger geeignet machen können. Fluktuierende Stromquellen, wie Windkraft oder Photovoltaik, erfordern ein zyklisches An- und Abfahren der Wasserstoffproduktion und zumindest einen Teillastbetrieb. AEL ist hierfür weniger gut geeignet, da sie lange Anfahrzeiten benötigt und im Teillastbetrieb Probleme mit der Gasqualität auftreten können.[3] Dagegen gilt die „PEM-Elektrolyse“ als Schlüsseltechnologie für die Erzeugung von grünem Wasserstoff und somit für die Energiewende.

Eine Protonenaustauschmembran (PEM) besteht aus einem dünnen, festen Polymermaterial wie etwa Nafion, das Protonen (H+-Ionen) leiten kann, für Elektronen und Gase jedoch undurchlässig ist. In einem PEM-Elektrolyseur ist diese Membran das Herzstück jeder Zelle und befindet sich zwischen Anode und Kathode, die oft mit einem Katalysator beschichtet sind, um die elektrolytischen Reaktionen zu beschleunigen. Ein zentrales Element eines PEM-Elektrolyseurs ist der sogenannte „Stack“, der aus mehreren übereinander gestapelten Zellen besteht – daher der Name „Stack“ (englisch für „Stapel“). Bipolarplatten dienen als Stromleiter zwischen einzelnen Zellen und leiten die entstehenden Gase ab. Die Anzahl der Zellen in einem Stack bestimmt die Spannung des Elektrolyseurs: je mehr Zellen, desto höher die Spannung. Ein Stack kann aus wenigen bis zu mehreren Hundert Zellen bestehen. Die PEM-Elektrolyse ist ein Hochdruckverfahren, das hohe Stromdichten ermöglicht. Diese hohe Stromdichte führt zu einer effizienteren Wasserstoffproduktion, da mehr Wasserstoff pro Zeiteinheit erzeugt wird. Dies macht die PEM-Elektrolyse zu einer bevorzugten Technologie für die Erzeugung von grünem Wasserstoff, da sie im Gegensatz zur AEL-Elektrolyse schneller hochgefahren werden kann und kurze Reaktionszeiten bei fluktuierender Stromproduktion aufweist.

Mit Reinheit zur Effizienz

Die Reinheit des Speisewassers ist entscheidend für die Effizienz und Lebensdauer von PEM-Elektrolyseuren. Für die Herstellung von einem Kilogramm grünem Wasserstoff werden stöchiometrisch neun Liter Wasser benötigt. Dieses Wasser muss jedoch bestimmte Qualitätsstandards erfüllen, um Stack-Ausfälle und Leistungseinbußen zu vermeiden. Verunreinigungen, wie gelöste Salze, Mineralien und organische Verbindungen, können irreversible Schäden verursachen.[4] Sie beeinträchtigen die Leistung und Lebensdauer der Membranen und können die Wasserstoffqualität negativ beeinflussen. Daher sind strenge Spezifikationen für die elektrische Leitfähigkeit und den Gesamtgehalt an organischem Kohlenstoff (TOC) einzuhalten, die häufig auf internationalen Richtlinien für Reinstwasser basieren (Tabelle 1). Eine kontinuierliche Überwachung dieser Parameter ist entscheidend für eine langfristige und wirtschaftliche Produktion von grünem Wasserstoff.

Solche Wasserstoffelektrolyseanlagen werden oft in der Nähe von Solar- und Windparks errichtet. In sonnenreichen, trockenen Gebieten kann es jedoch an ausreichendem Süßwasser mangeln, während in windigen Küstenregionen das verfügbare Wasser meist salzhaltig ist. Diese Bedingungen erfordern spezielle Wasseraufbereitungstechnologien (Tabelle 2), um das vor Ort verfügbare Rohwasser für die PEM-Elektrolyse nutzbar zu machen. Die Aufbereitung von Meerwasser erfordert etwa viermal mehr Energie (7–9 kWh/m³) als die von Grundwasser, ist aber im Vergleich zum Gesamtenergiebedarf der Wasserstoffproduktion, der bei etwa 5.000 kWh/m³ liegt, gering. Dies ist auf den Unterschied in den zu überwindenden Kräften zurückzuführen: Bei der Herstellung von Reinstwasser müssen lediglich die Anziehungskräfte zwischen Wassermolekülen und Verunreinigungen überwunden werden, während bei der Elektrolyse die stärkeren kovalenten Bindungen zwischen den Atomen des Wassermoleküls aufgebrochen werden müssen. Ohne hochreines Wasser ist die Produktion von Wasserstoff nicht möglich. Diese Überlegungen unterstreichen die Bedeutung einer sorgfältigen Überwachung der Wasserqualität, da eine Verschlechterung des PEM-Stacks durch schlechte Wasserqualität erhebliche Energie- und Kosteneffizienzverluste verursachen kann.

Abbildung 1: PEM-Elektrolyseur

Kontaminantengruppe

Mögliche Beeinträchtigung

Messparameter

Beispiel Grenzwert

Organische Verbindungen

Membranverschmutzung, Korrosion, Biofilm, Wasserstoffverunreinigung

TOC

< 50 ppb

Ionen/Anorganische Verunreinigung

Leitfähigkeitsverringerung, Katalysatorschäden, H2-Verunreinigung, Korrosion

Elektr. Leitfähigkeit
Spez. Widerstand

< 0,1 µS/cm
> 10 MΩcm

Tabelle 1: Beispiel einer Wasserspezifikation für einen PEM-Elektrolyse-Stack

Aufbereitungstechnik

Kurzname

Entfernte Kontaminanten

Sand-/Belüftungsfiltration

Vorfiltration

Eisen und Mangan

Ultrafiltration

UF

Partikel, Organik, Mikrobiologie

Enthärter/Antiscalant-Dosierung

Enthärtung

Härtebildner

Membranentgasung

Gelöste Gase (z. B. CO2)

Umkehrosmose

RO

Salz, Partikel, Mikrobiologie, Ionenfracht, Organik

Elektrodeionisation

EDI

Beseitigung von Ionen und ionisierbaren Verunreinigungen

Ionenaustauscherharz

Polisher

Letzte Verunreinigungen

Tabelle 2: Grobe Übersicht über Aufbereitungstechniken für die Elektrolyse

Sicherung der Wasserqualität mittels PAT

Die Überwachung und Sicherung der Wasserqualität in einer Elektrolyseanlage kann durch die Anwendung von Prozessanalysentechnik (PAT) erheblich verbessert werden. Neben dem Wasservorbehandlungssystem spielt der Reinstwasserkreislauf, der sowohl zur Wasserzufuhr als auch zur Wärmeabfuhr dient, eine entscheidende Rolle für den störungsfreien Betrieb und die Vermeidung zusätzlicher Kosten. Während des Betriebs können Verunreinigungen in den Kreislauf gelangen, weshalb ein Teilstrom vor dem Eintritt in die Anode nochmals mit einem Ionenaustauscherharz gereinigt wird. Hier kann ein Online-TOC-Analysator zur endgültigen Qualitätskontrolle mittels PAT eingesetzt werden. Da es keinen direkten Zusammenhang zwischen den Parametern TOC und elektrische Leitfähigkeit und dem Vorhandensein von Verunreinigungen gibt, sollten beide Parameter kontinuierlich aufgezeichnet werden. Analysatoren wie der Shimadzu TOC-1000e (Abbildung 2) liefern in kurzen Zeitabständen beide Messwerte und ermöglichen so eine frühzeitige Erkennung von Verunreinigungen, was die vorausschauende Wartung des Elektrolyseurs ermöglicht.

Der TOC-1000e ist speziell auf die Online-Überwachung von Reinstwasseranwendungen ausgerichtet und bietet eine präzise Messung sowohl des TOC-Gehalts mit einer Nachweisgrenze von 0,1 µg/l als auch der elektrischen Leitfähigkeit von Wasser. Seine innovative Technologie umfasst eine quecksilberfreie Excimer-Lampe, die ultraviolettes Licht bei 172 nm erzeugt, um selbst schwer oxidierbare Bestandteile zu zersetzen und so sicherzustellen, dass keine Verunreinigung unentdeckt bleibt. Dass die Lampe nur bei Bedarf eingeschaltet wird, verlängert ihre Lebensdauer und verdoppelt die übliche Standzeit des Geräts gegenüber herkömmlichen Systemen auf ein Jahr. Somit kann der TOC-1000e bis zu einem Jahr lang autonom arbeiten. Ein weiteres Highlight ist der sogenannte „Active Path“, bei dem die Probe direkt durch die Lampe fließt, um eine möglichst effiziente Bestrahlung zu gewährleisten und Kontaminations- und Verschleppungseffekte zu minimieren. Darüber hinaus ermöglicht der TOC-1000e eine jährliche Kalibrierung und Wartung vor Ort innerhalb kurzer Zeit, wodurch der Analysator nicht eingeschickt werden muss. Er besticht durch seine ausgezeichnete Konnektivität, die eine bidirektionale Bus-Kommunikation und einen eingebauten Webserver für eine einfache Ferndiagnose und detaillierte Datenansicht einschließlich der Historie bietet. Trotz seiner umfangreichen Funktionen ist der TOC-1000e klein und leicht, wiegt weniger als 3 kg und hat eine Frontplatte von der Größe eines A4-Blattes. Er ist so mobil, dass er zur Wartung und Fehlerdiagnose an anderen Teilen der Wasseraufbereitungsanlage in der Elektrolyseanlage genutzt werden kann.

Abbildung 2: Shimadzu TOC-1000e

Schlüsselinstrumente für den wichtigen Wandel

Grüner Wasserstoff steht im Mittelpunkt der Bemühungen um eine nachhaltige Energieversorgung. Obwohl Herausforderungen existieren, insbesondere die Gewährleistung der Wasserqualität und die Anpassung an unterschiedliche geografische Bedingungen, bieten die technischen Fortschritte große Hoffnung. Schlüsselwerkzeuge wie die Prozessanalysentechnik (PAT) und Instrumente wie der TOC-1000e sind entscheidend für die Überwachung und Sicherstellung der Wasserqualität. Während der Übergang zur Wasserstoffwirtschaft voranschreitet, ist eine stetige Innovation und Optimierung notwendig, um die Effizienz und Nachhaltigkeit der Wasserstoffproduktion zu erhöhen. Somit hat grüner Wasserstoff das Potenzial, eine zentrale Rolle in unserer nachhaltigen Energieversorgung zu spielen.

[1] “Wasserstoff – Schlüssel im künftigen Energiesystem”, Federal Environment Agency website, April 15, 2023, https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/klimaschutz-energiepolitik-in-deutschland/wasserstoff-schluessel-im-kuenftigen-energiesystem#Rolle

[2] Katebah, M., Al-Rawashdeh, M. & Linke, P. (2022). Analysis of hydrogen production costs in Steam-Methane Reforming considering integration with electrolysis and CO2 capture. Cleaner Engineering and Technology, 10, 100552. https://doi.org/10.1016/j.clet.2022.100552

[3] Ansari, D., Grinschgl, J. & Pepe, J. M. (2022). Elektrolyseure für die Wasserstoffrevolution – Herausforderungen, Abhängigkeiten und Lösungsansätze. SWP-Aktuell 2022/A 58. https://doi.org/10.18449/2022A58

[4] Becker, H., Murawski, J., Shinde, D. V., Stephens, I. E. L., Hinds, G. & Smith, G. (2023). Impact of impurities on water electrolysis: a review. Sustainable Energy Fuels, 7, 1565–1603. https://doi.org/10.1039/D2SE01517J